1. Definition
Der Bayernserver wird in Artikel 39, Satz 1 des Bayrischen Digitalgesetzes wie folgt definiert: „Die für die Digitalisierung der staatlichen öffentlichen Verwaltung erforderlichen Infrastrukturen, insbesondere Leitungen, Server und Programme, sind nach Stand der Technik und der angemessenen Verfügbarkeit einzurichten und vorzuhalten.“ Man legt durch die Einrichtung den Grundstein, leistungsgerechte Hardware für die Verwaltungsdigitalisierung bereitzustellen. Die Gesetzesbegründung verdeutlicht darüber hinaus die Wichtigkeit eines Bayernservers folgendermaßen: „Die Verwaltung muss zu jedem Zeitpunkt handlungsfähig sein. Wenn sich die Verwaltung auf digitale Prozesse stützt, müssen die genutzten Komponenten sicher, verlässlich und dem Stand der Technik entsprechend zur Verfügung gestellt werden. Die Rechenzentren sollen hierbei auch die Kommunen unterstützen. (Seite 80)“
2. Handlungsschritte zur Umsetzung
a) Aufbau
Der Bayernserver ist im Handlungsbereich des Ministeriums für Finanzen und Heimat angesiedelt und von diesem gesteuert. Aufgeteilt ist der Betrieb in ein Rechenzentrum für den IT-Betrieb der Verwaltung und in ein Rechenzentrum für Gerichte und Staatsanwaltschaften. Außerdem werden polizeispezifische Anwendungen, in Absprache, in einem eigenen Rechenzentrum des bayrischen Innenministeriums behandelt (Abs. 2). Neben dem Hauptstandort München wurden Zweigstellen an mehreren Standorten im Freistaat eingerichtet, namentlich Augsburg, Landshut, Marktredwitz, Neustadt/Aisch, Nürnberg, Regensburg und Straubing. Im Vergleich zur bisherigen Lösung mit zwei Rechenzentren, Nord und Süd, entschied man sich dadurch zu einer verstärkten Dezentralisierung in verschiedenen Regionen Bayerns.
b) Aufgaben
Die primäre Funktion ist die eines Dienstleisters für die öffentliche Verwaltung in Bayern, aber auch für die Steuerverwaltung sowie die Gerichte, im Hinblick auf alle IT- spezifischen Anwendungen. Satz 3, Absatz 1 des Artikels 39 spricht in diesem Rahmen davon, dass die Aufgabe des Bayernservers daraus besteht, unter Mitarbeit der Staatsministerien staatliche Informationstechnik bereitzustellen. Die Gesetzesbegründung sieht in der Implementierung zudem einen wichtigen „Bündelungs- und Innovationsmotor der Verwaltung (S.80)“. Wichtig ist der Bayernserver auch für andere Gebiete des bayrischen Digitalgesetzes. Sowohl der Portalverbund Bayern, festgeschrieben und definiert in den Artikeln 26 bis 29, als auch die sogenannten Basisdienste, zu finden in Artikel 37, sollen durch diesen betrieben werden. Insgesamt legt das Bayrische Digitalgesetz in Artikel 39, Satz 3, Absatz 2 weitere vielfältige Aufgabenfelder fest, wie etwa die Entwicklung ressortübergreifender Verwaltungsverfahren und die Beratung der Behörden bei der Einführung dieser.
3. Chancen und Herausforderungen
a) Chancen
Die Einrichtung eines zentralen Rechenzentrums für die Verwaltung im Rahmen des Artikel 39 bietet vielseitige Chancen. Zunächst kann man durch die Übernahme und Entwicklung von eigenen IT-Angeboten eine stärkere Unabhängigkeit von Drittanbietern erreichen, aber auch schneller auf aufkommende Sicherheitslücken oder Systemschwächen reagieren. Des Weiteren bieten die verschiedenen Standorte der Rechenzentren einen robusteren Schutz vor Hackerangriffen im Vergleich zu einer Zentrallösung. Die Verankerung von IT-Kompetenz auch in ländlicheren Regionen kann die Nutzerakzeptanz erhöhen, da es mehr qualifizierte Ansprechpartner in der Region gibt, besser auf die Bedürfnisse ländlicher Gegenden reagiert werden kann und so ein Großteil aller Bürger mitgenommen werden kann auf dem Transformationsprozess der öffentlichen Verwaltung, aber auch kleinere Kommunen besser auf ihrem Weg hin zur digitalen Verwaltung unterstützen, da Fachpersonal in der Region anzufinden ist und direkte Unterstützung leisten kann. Insgesamt birgt das Gesamtpaket eine große Chance, die Digitalisierung bayrischer Behörden nachhaltig vorantreiben zu können.
b) Herausforderungen
Jedoch stellen sich der bayrischen Verwaltung bei der Einrichtung des Netzwerks Bayernserver auch Herausforderungen entgegen. Zum einen sind hohe finanzielle Investitionen in die Einrichtung der Infrastruktur, also den Leitungen, Servern und Betriebsflächen notwendig. Auch die Etablierung schneller Internetanbindungen durch die moderne Glasfasertechnologie muss angestrebt und großflächig verbreitet werden. Als andere, schwerer umsetzbare Herausforderung, wird sich die Anwerbung von Fachpersonal darstellen. Der Arbeitsmarkt für kompetente Informatiker/-innen ist hart umkämpft durch die Vielzahl an privaten, finanzstarken Unternehmen. Die bayrische Staatsregierung muss hier attraktive Konzepte ausarbeiten, um diese wichtigen Stellen für die bayrische Verwaltung mit gutem Personal besetzen zu können, da diese erst die Funktion des Bayernservers möglich machen können. Zudem ist es auf Grund fehlender Verpflichtungen wichtig, die Behörden vom Mehrwert der Angebote für die tägliche Arbeit zu überzeugen und einen inkrementellen Kulturwandel zu erreichen.
4. Kritik
Das Gesetz lässt bis dato zu wenig Raum für Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Bundesländern oder auch Institutionen des Bundes zu (vgl. LOAD e.V., 2021). Im Hinblick auf die großen Herausforderungen der Digitalisierung in der Verwaltung, die nicht allein den Freistaat Bayern betreffen, sollte hier Zusammenarbeit mit anderen Behörden möglich gemacht werden, auch um der Umsetzung des Online- Zugangsgesetzes des Bundes gerecht zu werden. Darüber hinaus sehen Experten durch diese Fokussierung den aus dem Grundgesetz ableitbaren Grundsatz der digitalen Gewaltenteilung nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. Heckmann & Bernhardt, 2016), obwohl eine Einbindung von Expertise des freien Marktes in gewissem Rahmen ebenso wünschenswert ist, um bestmögliche Lösungen für die Verwaltung zu erzielen und eine zu große Zentralisierung durch staatliche Angebote zu verhindern. Als weiteren Kritikpunkt wurde von Seiten des Bayrischen Kommunalen Prüfungsverbands angebracht, dass die interne Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsbehörden zu wenig in den Fokus genommen wurde, aber auch Anreize fehlen, dass die Dienste der Rechenzentren überhaupt in Anspruch genommen werden (vgl. BKPV, 2021). Jedoch wäre dies ein wichtiger Faktor, um den Bayernserver im Alltag der Kommunen zu etablieren und den erwünschten Digitalisierungsschub tatsächlich zu erreichen. Ein weiterer, kritisch zu betrachtender Faktor ergibt sich durch die gewählte Betreiberstruktur. Das Ministerium für Finanzen und Heimat könnte als der Betreiber des Bayernservers und damit dem zentralen Host für die digitalen Verwaltungsservices direkten Zugriff auf Daten und Tätigkeiten, etwa der Justizbehörden und Gerichte, erhalten. Dies bedroht die, für eine Demokratie enorm wichtige, Gewaltenteilung der staatlichen Organe und muss für den Betrieb definitiv in Einklang gebracht werden.
5. Fazit
Das Einrichten von eigener Hardware, um digitale Verwaltungsdienstleistungen zu entwickeln und etablieren, kann ein wichtiger Schritt für den Freistaat Bayern darstellen. Die Reduktion von Abhängigkeiten zeigt sich, vor allem im Rahmen der vermehrt aufkommenden globalen Krisen, als ein nötiger Schritt und durch die Verankerung in den verschiedenen Regionen kann eine erhöhte Nutzerakzeptanz und verbesserter Support auch für kleinere Kommunen hergestellt werden. Um der Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes gerecht zu werden, sollte man jedoch den Fokus nicht nur auf Bayern richten, sondern auch die Kooperation mit den anderen Bundesländern sowie der Bundesebene anstreben und für diese als ein mögliches Best-Practice Beispiel vorangehen.