1. Definition
Art. 7 BayDiG-E sieht unter anderem die Förderung der digitalen Qualifizierung der Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung vor. Der Begriff der „digitalen Qualifizierung“ ist hierbei so zu verstehen, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes durch geeignete Weiterbildungsmaßnahmen in die Lage versetzt werden sollen, ihre Tätigkeit im Zeitalter der Digitalisierung unter Anwendung sämtlicher durch das BayDiG vorhergesehenen technischen Arbeitsmittel auszuüben.
Aus rechtlicher Perspektive wird, insbesondere durch Art. 7 Abs. 3 BayDiG-E, ein Fort- und Weiterbildungsanspruch begründet, welcher die Bediensteten des öffentlichen Dienstes (Staatsbedienstete) in die Lage versetzt, bei der Einführung neuer digitaler Verfahren sowie bei wesentlichen Erweiterungen oder sonstigen Änderungen bestehender Verfahren eine angemessene Fort- und Weiterbildung zu verlangen. Kritisch ist hierbei anzumerken, dass sich dieser Anspruch nur auf die staatliche Verwaltung erstreckt. Art. 7 Abs. 4 BayDiG-E sieht vor, dass der kommunalen Ebene und nachgelagerten juristischen Personen des öffentlichen Rechts des Freistaats Bayern lediglich empfohlen wird, ein entsprechendes Fort- und Weiterbildungsangebot umzusetzen.
Aus politischer Perspektive erwähnenswert ist auch die Selbstverpflichtung des Freistaats Bayern, geeignete Maßnahmen zur Gewinnung, Bindung und Entwicklung von IT-Fachkräften in der bayerischen Staatsverwaltung zu treffen (Art. 7 Abs. 1 S. 2 BayDiG- E). Hier wird ein politisches Ziel formuliert, ohne eine fixe Regelung mit einem zu engen Regelungsinhalt zu treffen, welche es den politischen Entscheidungsträgern erlaubt, flexibel auf die Bedürfnisse der Verwaltungsdigitalisierung einzugehen.
Auch aus ökonomischer Perspektive erscheint die Formulierung des Art. 7 Abs. 1 S. 2 BayDiG-E als politisches Ziel als begrüßenswert. Insbesondere in einem sich im ständigen Wandel und Fortschritt befindlichen Bereich wie der Digitalisierung ist es von unermesslicher Bedeutung, zwar ein konkretes Ziel vor Augen zu haben, jedoch nicht durch zu starre, verpflichtende Regelungen (z. B. durch eine Formulierung wie: „Der Freistaat Bayern stellt jährlich 500 neue IT-Fachkräfte ein“) ineffizient und nicht zielorientiert Ausgaben zu erzeugen und den Staatshaushalt zu belasten.
Durch die Behandlung der Qualifizierung der Beschäftigten im Art. 7 BayDiG-E, noch vor den „digitalen Grundrechten“, wird darüber hinaus aus politikwissenschaftlicher Perspektive bereits aus der Systematik des Gesetzes klar, welche Wichtigkeit die digitale Qualifizierung der Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung für den Erfolg der bayerischen Digitalstrategie hat.
2. Umsetzung
Zur Umsetzung der umfangreichen digitalen Qualifizierung der Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung in Bayern sind die geforderten Fort- und Weiterbildungsangebote unumgänglich. Im Sinne einer passgenauen Fort- und Weiterbildung ist für jeden Bereich auszuloten, welche Form der Fort- und Weiterbildung im konkreten Fall anzubieten ist. Bei kleineren Systemänderungen, welche für den geübten Anwender keine Herausforderung darstellen sollten, dürfte die Bereitstellung übersichtlicher Anwendungsleitfäden ausreichen. Im Zuge umfangreicher Änderungen kann es im Einzelfall erforderlich werden, für die Beschäftigen mehrstündige oder mehrtägige Seminare (online oder in Präsenzform) oder Training-on-the-Job-Formate anzubieten.
Im Sinne der Verwaltungseffizienz ist es wichtig, dass passgenaue Fortbildungsformate angeboten werden, welche aber andererseits auch nicht zu viel wertvolle Arbeitszeit einnehmen. Es muss eine Balance zwischen Weiterbildungs- und Arbeitszeit gefunden werden.
Besonders technologieaffine Beschäftigte könnten behördenübergreifend zu „Digitalisierungspaten“ oder „Digitalisierungsbotschaftern“ ausgebildet werden und innerbehördlich als Ansprechpartner im Rahmen von Training-on-the-Job-Formaten eingesetzt werden, ohne auf den kostenintensiven Einsatz externer EDV-Trainer angewiesen zu sein.
3. Chancen, Herausforderungen und Bewertung
Die Umsetzung der digitalen Qualifizierung der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung bietet zahlreiche Chancen.
Der Freistaat kann nur von gut ausgebildeten Beschäftigten erwarten, neue Digitalanwendungen in ihrer täglichen Arbeit zu nutzen. Durch die Verankerung des Weiterbildungsanspruchs in Art. 7 BayDiG-E stärkt der Freistaat einerseits die Position der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, andererseits zeigt er auch seine Leistungsbereitschaft gegenüber denjenigen, welche sich mit dem Thema Digitalisierung noch schwer tun. Beschäftigte, welche über geringe Digitalkompetenzen verfügen, können durch geeignete Weiterbildungsmaßnahmen peau à peau an das Thema „Digitalisierung“ herangeführt werden, wodurch erreicht werden kann, dass der Geist der Digitalisierung behördenübergreifend gelebt wird.
Wie bereits oben erwähnt, ist die Ausklammerung aus der verpflichtenden Einführung von Fort- und Weiterbildungsangeboten zum Thema Digitalisierung für dem Freistaat nachgeordnete Behörden und Körperschaften als unbefriedigend zu werten. Es gilt zu verhindern, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf kommunaler Ebene nicht im selben Umfang in digitale Prozesse eingewiesen werden, wie es bei Beschäftigten staatlicher Behörden der Fall ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich auch nachgelagerte Behörden nicht den Entwicklungen der Digitalisierung und den Regelungen des BayDiG-E entziehen können. Zum anderen dürfen bei den betroffenen Beschäftigten keine Kompetenzlücken entstehen, welche dazu führen, dass diese im Zweifel im Rahmen von Einstellungsverfahren staatlicher Behörden Bewerbern anderer staatlicher Behörden gegenüber benachteiligt werden.