Digitale Identität – Art. 11 BayDiG

Dieser Beitrag ist erstellt von und wird gepflegt durch Philipp Rabik.

In diesem Beitrag

1. Definition

Im Zuge der Digitalisierung der Verwaltungsprozesse, die auf eine bessere Verwaltungs-Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger, sowie die Unternehmen im Freistaat abzielt, ist die Digitale Identität zu einem der zentralen Elemente des Bayerischen Digitalgesetzes geworden. Dabei wird der Begriff der „Digitalen Identität“ im BayDiG in Hinblick auf die Entwicklungsoffenheit nicht abschließend definiert, sondern nur in seiner funktionellen Ausgestaltung konkretisiert. So geht der Begriff über die bloße Möglichkeit der „Digitalen Identifizierung“ hinaus und umfasst etwa alle digitalen Dienste, die eine auf Dauer angelegte, personenbezogene, selbstbestimmte Nutzung digitaler Behördendienste sowie die dauerhafte Archivierung der damit im Zusammenhand stehende Informationen und Belege sicherstellen soll. Ziel ist es, eine einheitliche digitale Identität für jede Bürgerin und jeden Bürger anzubieten, die von allen Behörden und öffentlichen Einrichtungen anerkannt und für den Zugang zu elektronischen Dienstleistungen und Angebote genutzt werden kann. Die digitale Identität soll durch eine zentrale Plattform verwaltet werden, die von der Bayerischen Staatsregierung betrieben wird.

2. Rechtliche Einordnung

Das in Abs. 1 statuierte Recht auf Bereitstellung digitaler Identitätsdienste steht in Verbindung mit den handlungsbezogenen Normen zur digitalen Selbstbestimmung, zeichnet sich jedoch durch die personenbezogene und auf Dauer angelegte Zielsetzung aus. Den Nutzerinnen und Nutzern wird auf Lebenszeit das Recht auf staatliche Bereitstellung digitaler Dienste einräumt, die diesen eine dauerhafte Speicherung und selbstbestimmte Nutzung aller personenbezogenen Informationen und Dokumente ermöglicht. Voraussetzung für die Nutzung ist eine geklärte und rechtlich sichere Identität der betreffenden Person. Das Nutzungsrecht kann eingeschränkt werden, etwa wenn die Person unter 16 Jahren ist. Darüber hinaus ist die sichere und auf Dauer angelegte Behördenkommunikation Teil der digitalen Identität. Dabei wird ein zu jeder Zeit möglicher Zugriff auf archivierte Informationen und Dokumente gewährleistet. Ziel ist die vollständig digitale Abwicklung von Verwaltungsverfahren, inklusive der Speicherung und Archivierung von Belegen und Bescheiden. Voraussetzung ist die dafür nötige Infrastruktur zur Übermittlung und Speicherung sowohl auf Behördenseite als auch auf Seite der Nutzerinnen und Nutzer. Dabei trägt der Freistaat Bayern die Verantwortung, die Bürgerinnen und Bürger in die Lage zu versetzen, eine solche Speicherung vorzunehmen.

Absatz 2 beschreibt die Verpflichtung des Freistaates Bayern zur Bereitstellung eben dieser digitalen Dienste, so etwa unentgeltliche Nutzerkosten und kümmert sich um die sicheren Antragsvoraussetzungen für die Bereitstellung einer digitalen Identität. Absatz 3 manifestiert das Freiwilligkeits-Prinzip, wonach die Inanspruchnahme einer digitalen Identität auf Freiwilligkeit beruht und jederzeit widerrufen werden kann. Darüber hinaus werden weitere Rechte für jede Nutzerin und jeden Nutzer wie das jederzeitige Zugriffs- und Löschungsrecht garantiert. Abschließend wird die datenschutzrechtliche Aufsicht geregelt. Absatz 4 widmet sich dem Schutz der hinterlegten Daten vor unberechtigten Zugriffen Dritter. Die gespeicherten amtlichen Daten und Dokumente werden hierfür der Privatsphäre des Inhabers zugeordnet, weshalb ein Zugriff ausdrücklich nur mit Erlaubnis des Nutzers zulässig ist. Ausnahme ist dabei ein Zugriff unter strafprozessualen Voraussetzungen der Beschlagnahme.

3. Praktische Umsetzung und Chancen

Die in Art. 11 BayDiG manifestierte digitale Identität stellt eine Schlüsselnorm in der Digitalisierung der Verwaltung dar. Sie ist Voraussetzung für die digitale Abwicklung von Behörden- und Verwaltungsvorgängen und garantiert ein immenses Einsparpotential sowohl im zeitlichen Aufwand, so entfallen An- und Abfahrtswege sowie Wartezeiten, als auch im personellen Ressourcenmanagement der Verwaltung. Eine der größten Chancen ist die neue Betrachtung der Datenpolitik. Art. 11 BayDiG räumt den Nutzerinnen und Nutzern im Zuge der digitalen Identität konkrete subjektive Rechte ein und vollzieht so einen Wandel von der „Datenausbeutung“ hin zum selbstbestimmten Umgang mit personenbezogenen Daten. Die Nutzer bleiben von der freiwilligen Inbetriebnahme des Nutzerkontos an „Herr ihre Daten“ und haben jederzeit vollen Zugriff und Verfügungsgewalt. Die Entscheidung den Begriff der digitalen Identität nicht abschließend im Gesetzestext zu konkretisieren, mag unter Berücksichtigung der Technologie- und Entwicklungsoffenheit seine Berechtigung haben, führt aber dazu, dass sollte hier keine nachträgliche Präzisierung vorgenommen werde, sich Gerichte im Zweifelsfall damit auseinandersetzen werden müssen.

4. Kritik

Wenngleich die Schaffung der digitalen Identität im BayDiG eine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Digitalisierung der Verwaltung darstellt und dementsprechend auf breite Zustimmung trifft, treten vereinzelte konstruktive Anmerkungen zur Verwirklichung der Norm auf. Konkret handelt es sich dabei um die Bereiche Datenschatz und Datensicherheit, Zugang und Barrierefreiheit, sowie Kosten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Bayern mahnt die Sicherstellung des Schutzes von Daten, sowie die Vermeidung von unbefugten Zugriffen Dritter an und sieht hierbei die Notwendigkeit von mehr Personalressourcen von IT-Spezialisten und Fachkräften. Darüber hinaus bestehe die Notwendigkeit einer sicheren Rechtsgrundlage, welche Eingriffe und die zwischenbehördliche Kommunikation und Nutzung der digitalen Identität und der darin hinterlegten Daten regeln. Die Verbraucherzentrale Bayern ergänzt hierbei, dass die Datensicherheit und Datenverfügbarkeit auch bei Systemabstürzen und Angriffen gewährleistet sein müsse. Des Weiteren sollte eine umfangreiche und leicht verständliche Aufklärung beim Einrichten eines Zugangs erfolgen. Im Bereich Zugang und Barrierefreiheit mahnt der Bayerischer Blinden- und Sehbehindertenbund e. V. die Barrierefreiheit sowohl im Registrierungsprozess als auch in der Nutzung an. Die digitale Identität könne in Zukunft das Herzstück der Kommunikation mit der öffentlichen Hand werden. Sei diese Schlüsselstelle nicht barrierefrei, so liefen alle Anstrengungen in der Folge ins Leere, so der Bayerischer Blinden- und Sehbehindertenbund e. V. Die Bayerische Architektenkammer wünscht sich eine Ergänzung der Nutzerkonten um berufliche Attribute, damit etwa auch Bauanträge darüber abgewickelt werden können, die VbW möchte den Zugang auch für juristische Personen erweitern. Sowohl die bayerischen Industrie- und Handelskammern als auch der VKU Verband kommunaler Unternehmen e.V. betonen die Notwendigkeit der Interoperabilität mit bestehenden Angeboten von privaten und europäischen Angeboten im Bereich digitale Identität. Darüber hinaus soll die Verwendung von staatlichen Identitätsdiensten auch bei privatwirtschaftlichen digitalen Angeboten zur Anwendung kommen können. Die Verbraucherzentrale fordert abschließend dass das Prinzip der Freiwilligkeit unbedingt beibehalten werden müsse und keine Nachteile für die analoge Nutzung von Verwaltungsdienstleistungen entstehen dürfen. Alle Informationen und Handlungen sollen auch offline angeboten werden. Darüber hinaus betont die Verbraucherzentrale Bayern, dass die Nutzung der digitalen Identität auch in Zukunft für jeden kostenfrei gehalten werden solle.

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